Willkommen zum zweiten Teil der Serie, damit Du Deine eigenes Training planen auf eigene Faust planen kannst. Hier geht’s nun nach dem ersten allgemeineren Teil, um die Trainingsplanung im Calisthenics und Bodyweighttraining.
Du kannst diese Informationen aber natürlich auch außerhalb der Welt des Bodyweighttrainings verwenden!
Im letzten Beitrag findest Du eine übersichtliche Liste, die alle Infos, die wir uns erarbeitet haben Punkt für Punkt zusammenfasst. Quasi ein Trainingsplanbausatz. Ich versuche mich hier wirklich nur auf das Wichtigste zu konzentrieren, sodass Du schnell mit viel Spaß und Experimentierfreude, Deinen eigenen Top Trainingsplan erstellen kannst!
OK, genug gequatscht, auf geht’s!
Was gibt es bei der Trainingsplanung im Calisthenics zu beachten?
Nach dem ersten Part solltest Du diese Fragen in schonmal gehört haben:
- Was sind Volumen und Frequenz?
- Welche Grundbedingungen bringe ich mit? Sprich, wie oft und wie lange kann ich trainieren? Was sind meine Ziele? Und so weiter 😀
- Wie sieht mein Leben so im Großen und Ganzen aus, bezogen auf meine Regeneration?
- Was hat es mit Zyklen und Deloads auf sich?
Bestenfalls hast Du Dir auch schon ein paar genaue Gedanken gemacht.
Auch wenn, Du es mir vielleicht jetzt noch nicht glauben willst:
Jetzt kommt der spaßige und wirklich praxisbezogene Teil, auf dem Weg zu Dein ultimatives Training zu planen!
Wahl des Trainingssplits
Deine Frequenz bestimmt stark die Wahl des richtigen Trainingssplits – dennoch kann man hier kreativ werden.
Es gibt viele Splits und Prinzipien, nach denen man sein Training planen kann. Meine Liebsten stelle ich Dir weiter unten vor.
Nun liegt es also an Dir, das Prinzip auszuwählen, dass Dich anmacht und sinnvoll ist.
Seine Favoriten lernt man einfach nur durch stumpfes Herumprobieren kennen. Irgendwann findet man was, was einfach passt – und ich finde das Rumprobieren ist auch echt spaßig.
- Anfänger machen nichts falsch mit einem 2er Split oder dem berühmten Push/Pull/Beine Split. So kann man sich erstmal an das Volumen gewöhnen und komplett erfrischt in jede Einheit zu gehen.
- Erfahrenere können dann beispielsweise mit Bent und Straight Arm Strength spezifischem Training herumspielen oder recht frei à la Grease the Groove Volumen ansammeln.
- Anfänger, sowie auch Fortgeschrittene, können ebenfalls einen Ganzkörperplan wählen. Auch diese Art zu trainieren ist sehr effizent und vorallem zeitsparend.
Wichtig ist es, dass Du nicht von einem Plan in den Nächsten springst, sondern Deinen Plan für eine festgelegte Zeit lang verfolgst. So gibst Du ihm die Chance, überhaupt Wirkung zeigen zu können.
Noch mehr Splits findest Du in der großartigen Bodyweighttraining Community auf Reddit.
Kraftaufbau und skillfokussiertes Training, wie es im Calisthenics größtenteils der Fall ist, ähnelt eben mehr einem Marathon, als einem Sprint.
Oder sogar eher einem Ultrathon – einem lebenslangen Ultra, ohne klares Kilometerziel am Ende.
Skilltraining und Conditioning
Jedes skillfokussierte Training solltest Du in irgendeiner Weise so unterteilen:
In einen Skillanteil und dem nachfolgenden Conditioning bzw. auf deutsch Krafttraining.
Skillfokussiert heißt, dass das Ziel Deines Trainings zum Beispiel ein Pullup, Front Lever, etc. ist.
Alternativ kann es natürlich auch ein Mobilityziel sein, wie ein Spagat oder ein Move, wie beispielsweise ein Vorwärtssalto.
Du lernst einen Skill nur dadurch, dass Du ihn übst – gezielt und viele Male. Es gibt viele unglaublich starke Menschen, doch bei Weitem kann nicht jeder auf Anhieb einen Handstand. Hierhin gelangt man nur durch 1000 konzentrierte Wiederholungen.
Dennoch ist Stärke wichtig und erleichtert einem Vieles!
Vor allem solltest Du in Bewegungen stark werden, die Dich auf Deinen gewünschten Skill vorbereiten. Eine superstarke Benchpress hat nun mal leider nicht den besten direkten Übertrag auf eine Planche.
Und diese zwei Punkte schauen wir uns nun mal genauer an!
Skillspezifischer Anteil des Trainings
Bleiben wir mal bei unserem Beispiel und sagen Du möchtest besagten Front Lever lernen.
Es ist wichtig, dass Du Deine Skills als Erstes übst.
Dann bist Du noch nicht erschöpft, frisch aufgewärmt und bestenfalls mit dem Kopf voll bei der Sache. Hierbei geht es vor allem darum den gewünschten Skill technisch gut hinzubekommen und zu lernen, wie er sich anzufühlen hat.
Es geht nicht darum Dich komplett weg zu ballern. Dieser Part des Trainings sollte sogar unterhalb Deines Maximums stattfinden, sodass Du Dich voll und ganz auf die Ausführung konzentrieren kannst.
Kraftspezifischer Anteil des Trainings
Wähle hierfür Übungen, die Dich in der Bewegung, die Du gerne erlernen möchtest, brutal stark machen.
Du machst dann diese paar speziellen Übungen auf Sätze, Wiederholungen und Zeit. Es geht darum stark zu werden – wer hätte das gedacht!
Es ist vom Prinzip her genauso, wie das klassische Krafttraining á là Squat, Bench, Deadlift. Nur eben gezielter. Für unseren Front Lever macht es daher Sinn, ziehende Straight Arm Übungen einzubauen. Dein Schulterblatt sollte irre stark werden. Ein Stichwort wäre hier die scapuläre Retraktion.
Dieses gezielte Arbeiten bringt Dich Lichtjahre voran.
Um welches Prinzip herum willst Du Dein Training planen?
Leider weiß auch ich darauf keine, für alle passende Antwort – denn die gibt es nicht.
Es gibt 1000 Prinzipien, wonach man sein Training planen kann. Jeder steht auf andere Ansätze. Manchmal sogar sehr fanatisch. Geschmack eben – mag auch nicht jeder Slipknot – das kann ich absolut nicht verstehen.
Aber unter diesen 1000 Prinzipien, sind mindestens auch 500 Schwachsinnige zu finden. Um Dir das zu ersparen, stelle ich dir hier mal meine fünf Top Prinzipien vor!
Bent Arm Strength und Straight Arm Strength
Hierbei unterteilst Du Dein Oberkörpertraining in je ein bis zwei Bent Arm und Straight Arm Einheiten die Woche.
Damit eignet es sich als 2er oder 3er Split an 3-6 Trainingstagen. Ein hochflexibles Prinizip also, wie Du siehst. 😀
- An Bent Arm Tagen führst Du Übungen aus, bei denen Du Deine Arme beugst. Das wären beispielsweise Pushups, Pullups und so weiter.
- An Straight Arm Tagen geht es nur um Übungen wie L-Sits, Lever und Handstände. Wie der Name sagt, bleiben hierbei die Arme gestreckt und Du kontrollierst Deine Bewegungen aus dem Schulterblattkomplex heraus.
Durch 2 Oberkörpertage nacheinander ist Dieser enorm gestresst – daran muss man sich erst gewöhnen. Daher ist dieses Prinzip um sein Training zu planen absolut nichts für Anfänger, ohne ein solides Kraftfundament.
Noch viel Genaueres zu diesem Prinzip erfährst Du in diesem Artikel!
Push, Pull und Beine
Wie der Name schon sagt, unterteilst Du hierbei Deine Übungsauswahl auf einen Pushtag, einen Pulltag und einen Beintag.
Es ist also ein 3er Split. Du in jedes Training gut erholt rein und vermeidest eine Überanstrengung Deiner Muskulatur an noch nicht bekannten Stress. Ausführen kannst Du diesen Split an 3,5 oder 6 Tagen die Woche. Er ist also auch sehr flexibel.
Daher finde ich dieses Prinzip, um seine Trainingsplanung zu gestalten gerade für Anfänger sehr gut.
Mehr zum Push/Pull/Beine Split gibt es hier zu lesen.
Unterkörper/Oberkörper Split
Hierbei handelt es sich um einen 2er Split.
Das Tolle an diesem Split ist, dass der Fokus, nicht so brutal auf dem Oberkörper liegt und auch die Beine gut mittrainiert werden. Beintage können auch easy zu Mobilitytagen gemacht werden.
Durch die hohe Frequenz kannst Du jedes Körperteil bis zu bis zu 3x die Woche trainieren. Gerade für Anfänger kann das sehr sinnvoll sein! Und denke nicht, dass ein 2er Split easy going ist. Ist er nicht!
Ganzkörper und 2er Splits fordern meiner Erfahrung nach Alles von Dir.
Genau deshalb können auch Fortgeschrittene mit diesem Split sehr gut Fortschritte erzielen.
Grease the Groove
Bei diesem Prinzip, ursprünglich von Pavel, trainierst Du mehrmals submaximal über den Tag verteilt.
Ein Beispiel dafür wäre es Dir zum Beispiel, zuhause in der Tür, eine Klimmzugstange aufzuhängen. Jedes Mal, wenn Du dort hindurchläufst ballerst Du locker flockig ein paar Pullups – oder sogar ein paar Sätze Pullups.
Du wirst erstaunt sein, wie gut Du nach einiger Zeit, in Pullups sein wirst!
Gerade für schwierige Skills, wie Handstände, Planches und Front Lever muss man einfach viel Zeit in der Position verbringen. So gibst Du Deinem Körper überhaupt erst die Chance sich an diese zu gewöhnen.
Mithilfe von diesem Prinzip ist das sehr gut möglich – aber nur für sehr erfahrene und ambitionierte Athleten ist es sinnvoll!
Skills cyclen und in Phasen trainieren
Bei diesem Prinzip arbeitest Du für einen ganz bestimmten Zeitraum lang, gezielt an ein bis zwei Skills und versuchst in Ihnen besser zu werden.
Nach diesen Zeitraum versuchst Du in anderen Skills oder gar Sportarten stärker zu werden. Im Anschluss an den zweiten Teilzyklus startest Du wieder von vorne.
Du kommst quasi von Phase zu Phase immer wieder stärker zurück. Stell Dir das wie eine Treppe vor, bei der jede Stufe Teil für Teil aufeinander errichtet wird und Sie so an Höhe gewinnt.
Es ist ein sehr weitsichtiges und langfristiger, aber auch sehr effektiver Plan, um in seinen angezielten Skills und Sportarten besser zu werden. Außerdem ermöglicht es Dir auch verschiedene Sportarten fokussiert miteinander kombinieren zu können.
Dieses Prinzip lässt sich auch super mit anderen kombinieren!
Zuletzt: Die richtigen Übungen für Deinen Trainingsplan
Nun da Du Deine Grundüberlegungen zusammenhast und Du Dich für ein Prinzip entscheiden konntest, nach dem Du Dein Training planen willst, nimmt das Ganze ja richtig Form an! 😀
Fehlen nurnoch konkrete Übungen, die Deine Ziele unterstützen. Mit Ihnen füllst Du dann den skill- und kraftspezifischen Teil Deines Trainings auf.
Skillspezifisches Training planen
Als Faustregel würde ich pro Trainingstag maximal 2 Skills auswählen (z.B. Handstand + Front Lever/Dips + Pullups/…) an denen Du arbeiten willst.
Je nach Deinem ausgewählten Prinzip können das entweder Push- und Pullspezifische oder nur Push- und nur Pullspezifische Skills sein. So weit bist Du noch bei mir, oder? 😀
Nun setzt Du Dir für jeden Skill ein Zeit oder Wiederholungsziel:
- Arbeite zum Beispiel für 10 Minuten an Deinen Handständen
- Übe die passende Front Lever Progression für 5x20s
- Oder mache 5x5r wunderschöne Sätze an Pullups
Was genau Deine erwünschten Skills sind steht und fällt eben mit Deinen Zielen und Deinem Trainingsstand. Dem Einen Ziele sind des Anderen Warmup.
Hier nochmal: Das Wichtige ist, dass Du nicht an Deiner Grenze trainierst. Arbeite an Deiner Form. Abschießen kannst Du Dich im folgenden Teil noch!
Kraftspezfisches Training planen
Für Dein Krafttraining würde ich Dir anfangs drei Übungen empfehlen. Von jeder Übung führst Du 3-5 Sätze aus.
Wenn Dir das zu wenig ist, baue das Volumen pro Übung gerne aus, oder erhöhe die Übungsanzahl auf bis zu 5 Übungen.
Auch hier setzt Du Dir für jede Übung wieder ein Zeit oder Wiederholungsziel. Beachten solltest Du vorab noch die Wiederholungebereiche:
- Als Faustregel wähle 5-8 Wiederholungen. In diesem Wiederholungsbereich wird man stärker, kann auf seine Form achten und fühlt sich nicht andauernd als würde man gleich Sterben, bei der Übungsausführung.
- Wenn Du an einer schwierigen Übung trainierst, gehe gerne in den unteren Wiederholungsbereich von 2-3 Wiederholungen. Dies sollte aufgrund der enormen Intensität, aber nicht den Hauptteil Deines Krafttrainings ausmachen.
- Ist die ausgewählte Übung leichter, erhöhe gerne die Wiederholungen auf 8-12. Alles über 15 Wiederholungen geht schon eher in den Kraftausdauerbereich.
In diesem Teil geht es jetzt darum bis an Deine Grenzen zu gehen und darüber hinaus!
Stark wird nur der, der Schmerzen zu ertragen weiß! 😀
Die richtige Übungswahl – Decke alle Bewegungsmuster ab
Es gibt gewisse Bewegungsmuster, in die man viele Übungen einordnen kann – und Du solltest all diese Bewegungsmuster in irgendeiner Form trainieren. Nicht in jedem Cycle, aber über das ganze Jahr blickend schon.
Die Kerle hier sind unsere Hauptakteuere:
- horizontaler Druckkraft (Pushups/Planche/Bankdrücken)
- vertikale Druckkraft (Dips/Handstände/Überkopfdrücken)
- horizontale Zugkraft (Rudern, Rudern & Rudern in all seinen wunderbaren Varianten)
- Vertikale Zugkraft (Pullups/Latzug)
- Squat (Squat all day long)
- Hinge (Deadlifts/Good Mornings/all die schicken Instagram Booty Workouts)
- Carries (Trage irgendetwas Schweres durch die Gegend)
Das sind die absoluten Basics – es gibt noch eine Vielzahl anderer Bewegungsmuster und komplexe Übungen, die in viele (oder auch gar keine) Kategorien einzuordnen sind.
(Versuche zum Beispiel mal einen Skin the Cat einzuordnen – ich hätte keine Ahnung wo der hinsoll, aber es ist und bleibt ne geile Übung. :-D)
Achtest Du jedoch darauf jedes dieser Bewegungsmuster zu trainieren, legst Du bereits einen guten Start hin und kannst bald auch mit komplexeren Übungen herumspielen.
Dennoch heißen diese Basics nicht umsonst so – all diese Bewegungsmuster werden Dich Dein ganzes Trainingsleben lang treu begleiten – ganz egal ,ob Du nun gerade anfängst, oder schon 20 Jahre dabei bist!
Das war’s! Du hast es mit Deiner Trainingsplanung geschafft!
Ja ich weiß – Trainingsplanung klingt nicht wirklich sexy.
Aber hey, Du hast es geschafft! Und ich hoffe Du bist nicht komplett durcheinander.
Als Belohnung hab ich Dir das wichtigste aus den zwei Beiträgen hier in der bereits erwähnten Liste zusammengefasst.
Hangel Dich an ihr durch, um easy Dein eigenes Training zu planen.
Ich hoffe ich konnte Dir mit der Serie etwas Übersicht verschaffen und Dir Lust drauf machen, das Ganze mal anzugehen.
Ein bisschen Werbung in eigener Sache – wenn Du Dich noch nicht an ein eigenes Programm wagen willst, kannst Du auch gerne meinen Beginner Trainingsplan ausprobieren. Du findest ihn hier oder bekommst ihn als komplettes eBook, wenn Du Dich für meinen Newsletter einschreibst.
Viel Spaß bei der Planung, wir schreiben uns,